Montag, 19. Oktober 2009

die schweden an sich

ich wohne ja nun schon eine weile in schweden und habe mir ein (sicher oberflächliches einseitiges, aber dennoch) bild der leute gemacht. ich hatte schonmal darüber geschrieben, dass ich das bild "die schweden sind ja alle so nett" nicht wirklich bestätigen kann. zumindest nicht uneingeschränkt. denn eigentlich sind die schweden nett. aber nur aus falscher höflichkeit und nicht aus aufrichtigkeit. es gibt tausende höflichkeitsfloskeln. man drückt sich teilweise übertrieben umständlich aus, um nur ja dem anderen nicht auf die füße zu treten. beispiel: man sagt oft nicht "kann ich bitte haben...", sondern "ich würde gerne haben wollen". solche umständlichkeiten mag ich persönlich überhaupt nicht. ich bin eher der meinung "sag was phase ist". auch das kann man höflich tun.

ein dialog aus unserem schwedisch-buch aus dem kurs für einwanderer. tack bedeutet danke. die schweden haben kein bitte in unserer form und sagen deshalb in jeder möglichen und unmöglichen situation danke.

im kiosk

- ich würde gerne ein päckchen kaugummie haben wollen, tack.
- dieses hier?

- nein, dieses dort, tack.

- bitteschön.
- ich möchte auch ein busticket haben, tack.

- ist das alles?

- nein, kann ich auch eine telefonkarte haben, tack?

- sicher! 120 oder 240 kronen?

- 120, tack.

- das macht 150 kronen, tack.


bitte? ist das nicht ein wenig übertrieben? für mich wirkt das lächerlich.
andere beispiele:

hat man besuch und es wird spät, wird ein schlafplatz angeboten, egal ob einem das in den kram passt oder nicht. einfach aus höflichkeit. aus genau der gleichen höflichkeit lehnt die eingeladene person natürlich ab.

läd jemand z.b. innerhalb einer klasse zu einem fest ein, werden ALLE eingeladen. auch die, die man eigentlich nicht dabei haben will. aus höflichkeit. vor einer ganzen weile stand sogar mal in der zeitung, dass ein schwedischer grundschüler vom lehrer einen verweis (oder zumindest tadel, was auch immer) bekommen hat, weil er in der schule einlandungen für seinen geburtstag ausgeteilt hat. aber nicht an alle aus der klasse. laut lehrermeinung werden entweder alle aus der klasse eingeladen oder er muss die einladungen außerhalb der schule verteilen.

insgesamt werden sehr viele höflichkeiten angeboten, bei einigen wird aber mehr oder weniger davon ausgegangen, dass man (dankend) ablehnt.
ich denke bei vielen schweden liegt diese permanente "höflichkeit" einfach in der erziehung, es gehört sich eben hilfe anzubieten, ob man das nun will oder nicht. und es gehört sich genauso angebotene hilfe dankend abzulehnen.
da ist ja auch grundlegend nichts gegen einzuwenden, mir persönlich ist aber ehrlichkeit wichtiger als höflichkeit, deshalb kann ich mit dieser form der konversation nicht allzu viel anfangen.

was macht man also, wenn man nicht ins fettnäpfchen treten will? einfach immer dankend ablehnen, auch wenn man das angebot gerne annehmen würde?

2 Kommentare:

Lise hat gesagt…

Ob die Schweden die Höflichkeit nur vorspielen, ist mir ehrlich gesagt Geige. Ein falsches Lächeln ist mir allemal lieber wie dieses "Ich zieh 'ne Fresse und zeige das ich keinen Bock auf euch habe" wie in Wien - das war ja echt grausig.

Ich muss allerindgs sagen, daß ich bisher nie das Gefühl hatte, daß das Lächeln nicht ernst gemeint war. Vielleicht liegt das aber daran, das ich die schwedischen Damen auch immer anlächel ^^

Und "Danke" bzw. "Tack" sage ich nicht nur in Schweden so oft. Damit gehör ich zwar zu einer aussterbenden Spezies, aber ein wenig Höflichkeit gehört sich doch. :)

eni hat gesagt…

wie gesagt, ich habe nichts gegen ein grundsätzliches maß an höflichkeit, aber an jeden satz ein danke zu hängen finde ich übertrieben. das wirkt dann wieder aufgesetzt und diese speudo-freundlichkeit mag ich wie gesagt gar nicht.
aber gut, ansichtssache...